Ähnlich wie die Familie Lauteren avanciert die in Worms ansässige bürgerliche Familie Heyl in der napoleonischen Zeit durch florierende Handelsgeschäfte, namentlich den Holzhandel, zum Großbürgertum. Im Kaiserreich gelingt ihr dann der Aufstieg in die Gruppe der Großindustriellen wie Krupp, Thyssen und von Stumm-Halberg.

Vermutlich durch eine Reise nach Paris entsteht bei Cornelius Heyl (1792–1858) die Idee zur Lederherstellung. Frankreich gilt als das »Erfinder-Land« des Lackleders – die Familie Heyl als die Erfinder der Lackleder-Fabrikation im industriellen Maßstab. Heyl exportiert seine Lederprodukte bald in die ganze Welt.

Nach dem frühen Tod der Söhne des o.g. Cornelius Heyl 1844/46 übernimmt der 19jährige Enkel Cornelius V. Wilhelm Heyl die unternehmerische Leitung und expandiert mit neuen Produkten aus Kalb- und Ziegenleder. Seine Fabriken umfassen 1913 über 500 Gebäude und beschäftigten mehr als 5000 Mitarbeiter. Als Unternehmer und als Politiker (Abgeordneter der Ersten Kammer der Hessischen Landstände, Reichstagsabgeordneter von 1874 bis zum Ersten Weltkrieg) prägt er die rheinland-pfälzische Landschaft und entwickelt eine Verkehrsinfrastruktur, von der das Bundesland noch heute profitiert. Er unterstützt die Verstaatlichung der Eisenbahnen – zum Leidwesen der Familie Lauteren, die dadurch erhebliches Vermögen als Großaktionär der Hessischen Ludwigsbahn verliert.
Cornelius V. Wilhelm Heyl heiratet Sophie Stein. Ihre gemeinsame Kunstsammlung wurde 1920 zu einer Stiftung, die heute als Museum Heylshof in Worms zu sehen ist.

Er legt erhebliches Privatvermögen in landwirtschaftlichen Grundbesitz an. Bei seinem Tod 1923 umfasst die Heyl’sche Güterverwaltung rund zehn Güter. Er hatte von Jugend an gesellschaftliche Verbindungen zu den führenden weinbautreibenden Familien der Region – zum Beispiel zu den von Buhls und den von Bassermann-Jordans – gehalten. Den stolzen Weingutsbesitz in Nierstein, den er 1909 von der Familie Lauteren erworben hat, vergibt er 30 Jahre lang als gemeinschaftliches Erbe. Nach Ablauf dieser Zeit darf ihn sein erstgeborener Sohn Cornelius VI von der Erbengemeinschaft erwerben.

Schon seit 1893 existiert das von Cornelius Heyl bei dem Schriftkünstler Joseph Sattler in Auftrag gegebene Etikett »Der blaue Mönch«, das inzwischen weltweit bekannt ist. Es wurde schon für die von Heyl’schen Flaschenweine der Lage Wormser Liebfrauenstift/Kirchenstück verwandt. Das bekannte von Heyl’sche Etikett, das von dem Schriftkünstler Otto Hupp heraldisch geschmücktes Weinlaub zeigt, wird ab dem Jahrgang 2010 von der Stiftung Mathildenhof wieder für die Weine aus dem Weingarten genutzt werden.

Seine Söhne Cornelius VI, Ludwig und Maximilian führen die Firma Cornelius Heyl weiter – Cornelius VI erwirbt dann gemäß testamentarischer Regelung seines Vaters den Gutshof aus dem Eigentum der Erbengemeinschaft und gibt ihm nach dem Tod seiner Frau Mathilde (geb. Prinzessin Isenburg und Büdingen) schließlich den Namen Mathildenhof.

Nach erneut komplexer Testamentslage im Anschluss an den Tod von Cornelius VI – der den erstmals seinem Vater verliehenen Titel eines Freiherrn von Heyl zu Herrnsheim führt – erbt das Weingut 1965 dessen Tochter Irmgard von Meding. Ihr früher Tod 1969 führt zu einem weiteren Erbfall, diesmal an die sechs Kinder Irmgards. Das nach vielen Jahren Erbenverwaltung inzwischen überschuldete Gut bekommt Irmgards fünftes Kind, Isa von Weymarn (geb. von Meding), überschrieben.

Ihr Ehemann, Peter von Weymarn, gibt vom Mathildenhof aus entscheidende Impulse für den deutschen Weinbau. Viele Gesetze des deutschen Weinbaus und die Flurbereinigung Niersteins wurden von ihm mitgestaltet. Der Weingarten des Hofes gilt als die Pionierfläche des ökologischen Weinbaus in Deutschland, der hier vor mehr als 30 Jahren von Peter von Weymarn weitblickend begonnen wurde. Unter der Führung der Familie von Weymarn errangen die Weine des Mathildenhofs höchste Anerkennung und Weltruf.

Ida Ahr und ihr Sohn Klaus Dieter Hermann Ahr erwerben Kapitalanteile an der Weingut Freiherr Heyl zu Herrnsheim Gesellschaft mbH. Enkel Carsten Klaus Ahr übernimmt den Weinbergsbesitz und die Gutsgebäude, erwirbt die Weinbergslagen Rothenberg und Rehbach. Er lässt das Hofensemble im Sommer 2003 unter Denkmalschutz stellen und beginnt die Sanierung von Haus und Garten. Ende 2003 gelingt es ihm, die Gemeinde, an die das Grundstück von den Vorbesitzern verkauft worden war, zu überzeugen, von einer Bebauung des historischen Weingartens des Mathildenhofes abzusehen. Statt dessen wird das Gelände durch eine von ihm gegründete gemeinnützige Stiftung als grüne Mitte Niersteins entwickelt. Der Rückbau des Hauses entsprechend den historischen Bauplänen und die Wiederherstellung des Siesmayer’schen Zier- und Nutzgartens sind in vollem Gange.

Die folgenden Bilder zeigen Ansichten des Hofes bevor und nachdem die historischen Gebäude wieder freigelegt wurden:

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